Colombia Norte
Oh Colombia, wo fangen wir bloss an? Wir sind richtig verliebt in dich, in deine Schönheit, in deine herzlichen Bewohner!Nur deinen legendär guten Kaffee finden wir (noch!) nicht.
Komplett - In Cartagena beziehen wir in einer Unterkunft mit dem wenig originellen Namen «Casa Sweety» unser gebuchtes Zimmer. Claudia und Martin sind bereits da und haben über die Stadt nur Gutes zu berichten. Gespannt ziehen auch wir los - erkunden in den nächsten Tagen ausgiebig unser Viertel «El Getsemani», sowie die vielbeschriebene, fast schon zu perfekte Altstadt. Wir finden ein Lieblingscafe (Beiyú) und ertragen die schwül-heisse Hitze am besten Abends auf der naheliegenden Plaza. Hier steppt der Bär! Einheimische versorgen sich in der «Tienda» mit Bier, Touristen wagen sich an Streetfood. Junge Rapper versuchen sich ebenso, wie ein täuschend echter (und wirklich guter!) Michael Jackson. Die Biker-Gruppe trifft sich hier zur nächtlichen Rundfahrt, die Zumba-Fans zum gemeinsamen Tanz. Das Leben pulsiert und als Tourist ist man nicht nur Zuschauer, sondern bald auch Teil des Geschehens und in ein Gespräch verwickelt.
Es gibt aber auch viel Arbeit. Wir werden unzählige Kopien los, halten Termine ein und machen glaubhaft eine Lebensversicherung zu haben - alles, um Zora unbeschadet aus dem riesengrossen Hafengelände von Cartagena holen zu können. Endlich sind wir komplett und können Südamerika erkunden. Vamos!
Familientreff hoch 2 - Vorerst reisen wir nordwärts und kommen dabei an Behausungen von Menschen vorbei, die nicht eben auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Ihre Behausungen inmitten von Kloake und Abfall zeugen von einem harten Überlebenskampf. Das Gesehene betrübt.
Umso krasser der Gegensatz auf dem Camping «Los Angeles». Hier stellen wir uns direkt unter Kokospalmen, das karibische Meer im Blick. Wir verbringen die Tage ganz «tranquillo» und zählen sie doch. Bis endlich jemand im Dunkeln seinen Rollkoffer durch die Grasbüschel zieht und ich voller Freude meinen Bruder in die Arme schliessen kann. Bienvenidos Yves! Es wird ein langer, bierlastiger Abend.
Am nächsten Tag werkelt Andy pflichtbewusst an Zora, während dem mir mein Bruder den Tyrona NP zeigt, er war nämlich vor ein paar Wochen schon ein mal hier. Wir wandern durch den heissen, aber seltsam lautlosen Dschungel, baden im türkisen Wasser der Karibik und versuchen Verpasstes nachzuholen. Für die Rückfahrt schwingen wir uns auf Mototaxi’s und brausen durch die laue Abendluft. Was für ein perfekter Abschluss diesen tollen Tages…
Ah nein, noch nicht ganz! Auf dem Parkplatz des «Los Angeles» steht ein Lastwagen mit Schweizer Kennzeichen. Sofort ist mir klar, Lisbeth und Leo! Andys Verwandte sind seit mehr als zwei Jahren in Südamerika unterwegs und wir wussten, dass sich unsere Wege irgendwann, irgendwo, kreuzen werden. Aber jetzt, hier, was für eine Überraschung!
Nach der freudigen Begrüssung und einer kurzen Dusche sitzen wir auch bereits über einer dampfenden Portion Spaghetti und Geschichten aus allen Ländern der Amerikas werden ausgetauscht.
Vielen Dank für den schönen Abend und das feine Essen, Lisbeth und Leo. Bis bald!
Unterwegs - Leider nur ein kurzes Treffen, denn am nächsten Tag fahren wir in entgegen gesetzte Richtungen. Aber, wir werden uns wieder sehen.
Yves mitsamt seinem Gepäck findet Platz in unserem Zuhause und wir fahren los Gerne hätten wir die Guajira Halbinsel mit ihrer Wüste und dem nördlichsten Punkt Südamerikas erkundet. Aber die politische Situation ist gerade sehr instabil. Die Grenzen zu Venezuela wurden eben geschlossen, die Bewohner im Grenzgebiet haben ihre Einnahmequelle (Schmuggel/-benzin, und -diesel) verloren und es ist mit Strassenblockaden zu rechnen. Keine guten Voraussetzungen und spätestens als wir bei 40°C im Schatten in Camarones «Camarones» essen, wissen wir, dass es in dieser Gegend auch viel zu heiss für uns ist. Wir lassen das hässliche Riohacha hinter uns und fahren durch staubtrockenes Ödland. Dort tanken wir den günstigsten Diesel (1 Gallon = 3.78 Liter für 4500 Peso = 1.50sFr.)unserer bisherigen Reise, lassen aber die Finger von den noch günstigeren Gallonen am Strassenrand, Wasser im Tank brauchen wir nicht.
Ein erstes Mal realisieren wir die Dimensionen dieses Landes und müssen uns prompt eingestehen, unser Tagesziel Playa de Belen nicht zu erreichen. Als wir Unterschlupf auf einer Art Ranch finden ist es bereits dunkel.
Los columbianos - Am nächsten Morgen werden wir erst scheu beäugt, dann gwundrig ausgefragt und schliesslich zum Foto gebeten. Und immer werden wir gefragt, wie uns Kolumbien denn gefällt. Da müssen wir zum Glück nicht schwindeln, wenn wir Worte wie «hermosa, lindo und amable» in den Mund nehmen.
Wir muten unserem Gast viele Kilometer zu und fahren immer in Richtung Süden. Die Grenze verläuft nur wenige Kilometer zu unserer Rechten und manchmal sind die Auswüchse gut sichtbar. Wir fahren durch mehrere Dörfer, in denen es fürchterlich nach Benzin stinkt und ein jeder den Treibstoff verkauft - direkt daneben der ganz normale Alltag.
In Ocaña wollen wir uns mit Lebensmitteln eindecken und erfahren gleich zweimal kolumbianische Hilfsbereitschaft; ein Paar auf einem Roller fährt uns durch die halbe Stadt voraus, um uns den Weg bis zum Supermarkt zu weisen. Ein andermal schauen wir wohl etwas ratlos aus und schon wieder bietet uns jemand seine Hilfe an. Ja, so erleben wir die Kolumbianer überall; ausgesprochen freundlich, interessiert und hilfsbereit.
Campingfreuden - Nach einem unvergesslichen Abend auf einem Truck-Parkplatz, wo wir selbstgemachte Burger schlemmen und Aguardiente (Anisschnaps) kennen lernen, fahren wir in vielen Serpetinen bis nach Playa de Belen. Im nahem «Los Estoraques» erkunden wir die bizarren Steinformationen und bummeln dann durch das verschlafene Städtchen. Ob wir hier guten Kaffee finden werden? Eher nicht, auch hier nur Pulverkaffee mit viel Milch. So ist unser wahres Highlight der Schlafplatz «Los Piños». Die Sonne senkt sich golden über Berg und Tal, die Pinien verströmen ihren wohlriechenden Duft. Da zieht sogar mein Bruder, der nicht unbedingt als grosser Campingfan gilt, das angebotene Zelt vor und lässt das bereits bezahlte Hotelzimmer Hotelzimmer sein!
Gemütliches Nest und ein Canyon - Über viele Kurven gelangen wir zurück auf die Hauptstrasse und fahren zusammen mit vielen Lastwagen Richtung Süd. Weiter «unten» klebt die Hitze an uns und wir unterbrechen die Fahrt nur für ein «almuerzo», ein Mittagessen, das uns 1.50 pro Person kostet. Mit Bucaramanga erreichen wir die viertgrösste Stadt Kolumbiens und sind ganz froh, sie nur von oben zu sehen. Im «The Nest» hat es einen winzigen Platz für uns und ein sauberes Zimmer für Yves. Wir können den Gleitschirmfliegern beim Absprung zu sehen (The Nest ist nicht nur Hostel, sondern auch eine Schule für Gleitschirmflieger) und das Lichtermeer unter uns bewundern. Ausserdem sei das Klima hier perfekt, wie uns die Köchin sagt. Cartagena sei zu heiss, Bogota zu kalt, Bucaramanga genau richtig. Kurz kreuzen sich unsere Wege per Zufall erneut mit Claudia und Martin, wieder verabschieden wir uns und wieder wissen wir nicht für wie lange.
Unser nächstes Ziel ist der «Chicamocha Canyon», einer der weltweit grössten Canyons, wieder einmal. Nun ja, die Dimensionen sind bei guter Sicht gewaltig. Wir geniessen einen gemütlichen Nachmittag und haben uns noch immer mehr als genug zu erzählen.
Eine Augenweide - Via dem gesichtslosen San Gil fahren wir nach Barichara, «der schönsten Stadt Kolumbiens», wie sie uns in einem Restaurant nicht ohne Stolz verkünden. Der erste Eindruck ist vielversprechend und mit dem «Tinto Hostel» finden wir eine bezaubernde Unterkunft. Zora können wir zwar sicher im Innenhof abstellen, zum Übernachten ist der Platz aber nicht geeignet, da er ziemlich steil ist. Also teilen wir uns kurzerhand ein 4-Bett Zimmer.
Nachmittags erkunden wir die hübsche Stadt - und, das können wir vorneweg nehmen, für uns ist es wirklich die schönste Stadt Kolumbiens! Wir stöbern nach Mitbringsel, bewundern Kirchen und Plätze, suchen wieder guten Kaffee und finden wieder keinen und essen abends beim Italiener köstliche Ravioli.
Wanderstund - Anderntags unternehmen wir auf alten Pfaden eine «Geschwister-Wanderung». Die präkolumbischen Guane legten den Handelsweg vor vielen hundert Jahren an und noch immer ist er malerisch schön. Wir geniessen die gemeinsame Zeit und sind froh uns in Guane bei einem Glace erfrischen zu können, denn die Sonne brennt erbarmungslos vom Himmel. Zurück geht es mit dem Bus, zusammen mit vielen Schulkindern.
Noch einmal durchqueren wir den Canyon, dieses Mal bei schönstem Abendlicht, noch einmal steigen wir im «The Nest» ab. Noch einmal kochen wir gemeinsam. Dann folgt der weniger schöne Teil. Denn ja, frühmorgens müssen wir uns leider verabschieden…
Vielen, vielen Dank Yves für die unvergesslich schöne Zeit! Wir wären gerne noch viel länger mit dir gereist.
Kolumbien ist ein grosses Land! Vom Kaffeepflücken, «peramos» und einer Milionenstadt, es gibt noch vieles zu entdecken. Wir erzählen euch davon, im nächsten Bericht! Hasta luego.
Yvi
2015-11-05 18:23:37
Meine lieben Auswanderer
Endlich kann ich wieder einen solchen Bericht lesen. Einer, bei dem ich nicht nur Leser, sondern auch Akteur war. Die gefallen mir stets am besten... Nicht ihr sollt mir danken sondern ich euch. Es waren fantastische und so schöne Tage mit Euch und ich denke so gerne an unsere gemeinsamen Tage und Erlebnisse zurück. Ihr habt mich als Gast richtig gehend verwöhnt! Am meisten begeistert hat mich aber zu sehen, wie ihr denn so richtig unterwegs seid. Diese riesige Leidenschaft des Unterwegsseins nach über 16 Monaten zu spüren, zu sehen wie ihr mit engsten Platzverhältnissen und einfachen Hilfsmitteln klar kommt und alle hundert Meter auf der Strasse wieder etwas anderes faszinierendes entdeckt - das war wahrlich inspirierend und bewegend! Kolumbien war auch für uns eines der ganz, ganz grossen Highlights und ich kann mir gut vorstellen, dass wir dort nicht zum letzten Mal waren...
Neben euren ganz aktuellen Berichten bereiten mir aber auch die älteren sehr grosse Freude. Soeben habe ich die Erlebnisse aus Vietnam nachgelesen, die ihr 2009 gemacht habt. Auch hier ist es umso schöner, wenn man die Erlebnisse teilen oder nacherleben kann. Sie werden uns in den nächsten Wochen und Monaten bestimmt auch eine tolle Hilfe sein. Was man dabei auch prima feststellen kann ist, wie sich eure damals schon bemerkenswerten Fähigkeiten des Fotografierens und Schreibens weiterentwickelt habt. Ich staune jedes Mal in den Berichten, wie professionell ihr Bild und Schrift vereinen könnt - chapeau!
Es bleibt mir mich noch einmal von Herzen für das Erlebte zu danken und mir innig zu wünschen, dass es auch mit einem dritten Wiedersehen in Asien klappt - ich hoffe es sehr!! In diesem Sinne: Tham Biet und alles Liebe, Yves
Rene Mehmann
2015-11-07 09:12:44
Hallo Weltenbummler Welch herrlicher Bericht mit tollen Fotos und Beteiligung von 2 Familienmitgliedern! Ich haben die Reportage richtiggehend aufgesogen und war fasziniert von den spannenden Erlebnissen. Die Reiselust ist wie ein Funken auf mich aufgesprungen. Ja es gibt tolle Länder in Südamerika und irgendwann gehöre ich auch wieder zu den Reisenden. Geniesst das Abenteuer. Wir bleiben mental bei Euch und freuen uns mit Euch. Hier ist der Herbst auch prächtig und wir geniessen den Altweiber-Sommer. Liebste Grüsse Rene Mehmann / Papi
2015-11-09 14:31:01
Ein schoener Bericht! So aehnlich haben wir Kolumbien auch wahrgenommen! Seid ihr noch in Ecuador?
Lisbeth und Leo
2015-11-16 20:10:40
Herzlichen Dank für euren Reisebericht. Ja wie ihr Bilder und Text miteinander verschmelzen lässt ist einfach genial. Ja auch uns hat Kolumbien sehr gut gefallen und wir durften tolle Gastfreundschaften geniessen. Hoffen werden wir uns irgendwo wieder treffen und dann auch etwas mehr Zeit füreinander haben. Hasta luego Lisbeth und Leo
2015-11-20 22:12:58
Liebsten Dank Yves für deine herzlichen Worte!
Schön konnten wir dich an unserem momentanen Leben etwas teilhaben lassen, schön dass dir das Reisen mit uns ebenfalls Freude gemacht hat. Danke für deine Unkompliziertheit, deine Offenheit und die vielen guten Gespräche.
Dass ihr auch in Asien auf unseren Spuren reist, freut uns ganz besonders und wir plangen auf ein Wiedersehen mit euch. Herzliche Grüsse aus Peru
2015-11-20 22:15:43
Lieber Papi,
was für ein schönes Kompliment, dass die Reiselust auf dich übergesprungen ist! Wir freuen uns sehr, wenn du auch wieder zu den Reisenden gehörst! Bald hoffentlich.
Liebste Grüsse
S&A
2015-11-20 22:17:32
Herzlichen Dank für euren Kommentar Gorm und Eli. Und vergesst nicht Gas zu geben)
2015-11-20 22:18:39
Vielen vielen Dank für euren netten Worte Lisbeth und Leo. Wir geben uns auch bei den folgenden Berichten Mühe)) bis bald, hoffen wir!
Sabine und Andy