Utah III
Um es Vorneweg zu nehmen: diese Region Utah’s lässt uns den Mund offen stehen! Wir sehen Gestein in Farben und Formen, wie wir es nicht für möglich gehalten hätten und können uns kaum sattsehen.Grösser könnte der Kontrast kaum sein - aber auch Las Vegas begeistert uns!
Moviestar - Über eine Piste fahren wir zum Paria Movieset und somit ins «Grand Staircase Escalante National Monument» (GSENM), das Gebiet mit dem kompliziertesten Namen. Es erwartet uns nicht etwa künstliche Kulisse, sondern Gestein in allen Farben. Irgendwo müsste sich auch noch eine Ghost Town verstecken, welche auch schon als Filmset diente. Mit GPS bewaffnet suchen wir sie, von Entdeckungsdrang überkommen. Erst ein breiter, kalter Fluss kann uns stoppen und zwingt uns zur Aufgabe.
Lotterie - In Kanab versuchen wir Informationen zum GSENM zu erhalten. Richtig wollen die Ranger jedoch nicht mit Antworten rausrücken. Gut, haben wir unsere Hausaufgaben gemacht und bereits selbst recherchiert ;) Und auch auf die Karte von OpenStreetMap ist Verlass.
Der Hauptgrund warum wir in Kanab sind, ist, «The Wave», die Schönste unter den Gesteinsformationen. Wir sind leider nicht die Einzigen, die die Welle sehen wollen. Es gilt eines von 10 Permits pro Tag im Internet zu gewinnen, oder eines von 10 Tickets abzustauben, die täglich um 9 Uhr live verlost werden. Die Show nervt uns zwar, aber wir lassen sie über uns ergehen - wir wollen da hin! Leider ist uns das Glück nicht hold und wir müssen das Visitor Center unverrichteter Dinge verlassen. Aber so schnell geben wir nicht auf
Weisses Schäumchen - Wir verlassen Kanab Richtung Norden, unser Ziel der nördliche Teil des GSENM. Die Strasse führt vorbei am Bryce Canyon NP und als wir es da in der Ferne weiss glitzern sehen, reissen wir einen Stopp. Der Tag nimmt eine unverhoffte Wende. Winter ist nicht gleich Winter, Schnee im Bryce Canyon ist ein hübsches Fotomotiv, da frieren wir auch ein bisschen dafür.
So kurven wir kurz darauf von View Point zu View Point und freuen uns über den weissen Puderzucker, der den Steintürmen in Pastell das i-Pünktchen aufsetzt.
Spielerei - Dank dem Selbsttest wissen wir nun auch, wie weit wir noch kommen, wenn das Tanklämpchen rot leuchtet (100km) und wie es sich anfühlt, wenn der Tank wirklich leer ist (ein dummes Gefühl, wenn man gerade noch von der Strasse rollen kann). Just in dem Moment kommt von einer Nebenstrasse die «Lady Grey» angerollt und wir halten einen Schwatz mit Klaus-Peter. Natürlich haben wir unser Experiment nur mit Diesel im Zusatztank gewagt und nach dem Entlüften von Hand kann es in alter Frische weitergehen.
Es wird immer früher dunkel und wir sind froh, finden wir uns bereits am späten Nachmittag beim Sunset Point ein. Die Felstürme leuchten und der Tag verabschiedet sich.
Einsichten - Nach einer eisigen Nacht machen wir uns auf, den Canyon, der gar kein richtiger Canyon ist, von unten zu sehen. Wir hängen zwei kleinere Wanderungen zu einer grösseren zusammen, via der «Wallstreet» laufen wir den «Queens/ Navajo Loop». Die Innenansicht ist überwältigend und wir benötigen viel Zeit, weil wir immer wieder hoch schauen müssen.
Dieser Nationalpark begeistert uns und wir können uns eigentlich kaum sattsehen, die Kälte ist schuld, dass wir weiterziehen.
Ab vom Schuss - Die nächsten Tage verbringen wir im GSENM, einem einsamen und wilden Abenteuerspielplatz. 30km üble Wellblechpiste auf der Hole-in-the Rock-Road halten den einen oder anderen ab und bringen uns hin. Zum «Spooky Canyon», unserem ersten Slot Canyon. Zu einem weiteren «Devil’s Garden». Und zu einem versteckten Platz, wo wir zwei Tage unentdeckt stehen. Erst als sich unsere Wasservorräte dem Ende zu neigen, fahren wir zurück nach Escalante, in die Zivilisation. Allerdings nicht für allzu, dazu gefällt es uns zu gut hier und die Möglichkeiten sind beinahe unerschöpflich. Die «Spencer Flat» ist eine coole Piste, mal sandig, mal steinig und steil. Ideal für eine kleine Offroad-Lektion für mich. Auch eine Wanderung wagen wir - und was für eine! Es existieren keine Trails zum «Red Brakes Canyon». Der Weg muss selbst gesucht werden und führt durch tiefen Sand und über eine Felskuppe. GPS sei Dank sind wir erfolgreich, nur die Dunkelheit sitzt uns schon wieder im Nacken. Wir müssen uns mit einem Blick von oben begnügen, im Dunkeln wollen wir den Weg nicht zurückgehen. Die Anstrengung hat sich gleichwohl gelohnt - neben Moqui-Marbles, von Eisenverbindungen umgebene, runde Steine, sehen wir gelb-orange gestreifte Steine und keine Menschenseele.
Zeit - Unseren nächsten Halt legen wir im Kodachrome State Park ein und vertrödeln wieder einen ganzen Morgen. Die Geschichten von zwei Schweizer Paaren, die beide in den Yukon ausgewandert sind und sich auf ihrem Roadtrip in den USA per Zufall angetroffen haben, fesseln uns. Sie ermöglichen uns wieder, Einblicke in uns nicht vertraute Lebensweisen zu nehmen und lassen uns zurückdenken, an unsere schöne Zeit im hohen Norden. Ein Aspekt unserer Reise, den wir sehr schätzen, ist, dass wir Zeit haben. Uns Zeit nehmen, Zeit vertrödeln, Pläne ändern, die Zeit, Zeit lassen können.
Es ist dann meist der eigene Drang nach Neuem, nach dem Unterwegssein, der uns aufbrechen lässt. Via der Cottonwood Road holpern wir in einsame Gefilde, durch graue Felslandschaften, vorbei am Paria River und gelben Cottonwood-Bäumen.
2. Chance - Noch einmal fordern wir das Glück heraus und nehmen an der Wave Lotterie teil. Diesmal kennen wir das Spiel und finden uns erst kurz vor neun ein. Wieder wird die Drahtkugel gedreht, neun Glückliche freuen sich bereits. Die Ausnahme, ein weiteres Permit für zwei zu erteilen, wurde gemacht, eine weitere Nummer wird gezogen. Wir halten den Atem an. Nummer 12. Juhui, das ist unsere!
Nicht von dieser Welt - Meine Erkältung haben wir mit viel Tee und Bouillonsuppe erfolgreich in Schach gehalten, dem Wandervergnügen steht nichts mehr im Wege! Direkt nach der Verlosung wurden wir bestimmt eine halbe Stunde lang über die Gefahren «hier draussen» aufgeklärt. Bebilderte Karten wurden verteilt und als wir uns auf machen, stellen wir uns darauf ein, die Wege selbst suchen zu müssen. Zwar gibt es wirklich keinen Trail, von Zeit zu Zeit sind Wegweiser auszumachen. Alles halb so wild also. Da wir auf dem Hinweg aber niemanden antreffen, fühlen wir uns dennoch wie in einer «Wilderness Area». Und diese wird mit jedem Schritt schöner! Pastellfarbige Gesteinsschichten in allen Farbtönen türmen sich meterhoch in den stahlblauen Himmel. Steinberge erinnern an Bienenkörbe und sandige Flussbette wollen durchquert werden. Nach einem letzten Steilstück sehen wir den Eingang zu «The Wave». Wir treten ein, in eine sanft geschwungene Welt aus Sandstein. Lassen uns von einer Landschaft verschlingen, die aussieht, als hätte ein Maler hier seine kühnsten Träume verwirklicht.
Ein surreales Erlebnis, von so viel Schönheit, dass es kaum fassbar ist. Erst Stunden später kommen wir müde zu unserer Zora zurück.
Zu Besuch - Gezwungenermassen kommen wir durch den Zion Canyon NP. Die Strasse windet sich in engen Kurven in den Canyon herunter, gelbes Herbstlaub (kann es eigentlich sein, dass wir seit August Herbst haben?!) und grüne Flüsse sorgen dafür, dass uns der Anblick weiterer Felsen nicht langweilt. Gerade, als wir einen kleinen Spaziergang machen wollen, lernen wir zwei Deutsche Landcruiser-Fahrer kennen. Wenig später sitzen wir auch schon bei einem Kaffee in ihrer Kabine und lauschen ihren Reisegeschichten. Ein gemeinsames Lieblingsland (Marokko) ist schnell gefunden und auch sonst geht uns der Gesprächsstoff nicht so schnell aus. Weshalb wir abends nochmals bei ihnen zu Gast sind, diesmal bei Rotwein und Guetsli. Vielen Dank ihr beiden!
Weiter nach Nevada - Mit dem Zion Canyon NP verlassen wir auch den Bundesstaat Utah. Zwar hielt uns dieser, dem roten Sand sei Dank, zu regelmässigem Putzen an, veränderte aber auch unsere Vorstellung, wie Stein auszusehen hat und faszinierte uns über Wochen.
Der Schlafplatz auf der flachen Ebene der «Poverty Hills» ist windig, das Frühstück im nahegelegenen Mc Donalds entschädigt. Nicht etwa, weil uns das schnelle Essen besonders gemundet hätte. Nein, wir lernen Paul, «Whitehair» kennen. Der liebenswüdige Diné-Indianer erzählt uns aus seinem Leben und spielt traditionelle Musik auf seinem Natel vor - mit geschlossenen Augen singt er mit und beschert uns im grellen Burger-Lokal einen magischen Moment.
Durch das nette «Valley of Fire» kommen wir zum azurblauen Lake Mead, der mitten in der sandigen Einöde liegt. Unzählige Wohnmobile stehen hier, nicht wenige davon mehr oder weniger dauerhaft.
Der Lake Mead ist der grösste künstlich geschaffene See der Vereinigten Staaten. Er dient der Erzeugung von Wasserkraft und als Speichersee für die Trinkwasserversorgung des trockenen Süd-Kaliforniens. Ausserdem wird der Lake Mead für den Bewässerungsfeldbau in Arizona, Nevada und Kalifornien genutzt. Er ist aber auch ein wichtiger Ausflugsort, vor allem Tagestouristen aus Las Vegas reisen an.
In einer Oase schlafen wir ein erstes Mal unter Palmen. Schön zwar, aber wir freuen uns trotzdem wie kleine Kinder vor Weihnachten auf den nächsten Tag. Auf nach LAS VEGAS!!!
VEGAS, BABY! - Beide waren wir noch nie in Las Vegas und verspürten bisher auch nicht unbedingt den Wunsch dahin zu reisen. Aber erst einmal da verführt uns die Stadt, wie viele andere vor und nach uns!
Nicht unbedingt durch Schönheit, viel eher durch Masslosigkeit. Ja, wir werden selbst etwas masslos! Gewöhnen uns schnell daran, wieder Teil einer konsumfreudigen Gesellschaft zu sein. In Las Vegas ist nichts unmöglich, nichts zu teuer, nichts zu aufwendig. Bescheidenheit ist fehl am Platz, es wird geklotzt. Müsste eine Konsumhauptstadt gekürt werden, hier ist sie! Ein jeder scheint hier Geld zu haben und bereit zu sein es auch auszugeben. Von allem hat es zu viel. Zu viele Casinos, zu viele Hotels, zu viele Zimmer in den Hotels, zu viele Buffets, zu viele Shows, kurz viel zu viele Möglichkeiten um sich auch nur annähernd einen Überblick zu verschaffen. Aber das ist auch gar nicht nötig. Besser man lässt sich einfach treiben, losgelöst von Zeit, die hier keine Rolle spielt. Vorbei an der New Yorker Freiheitsstatue, französischen Boulevard-Cafés, dem Eiffelturm, künstlichen Vulkanen und verschwenderischen Wasserspielen. Entlang des zu blauen Canal Grande inklusiver stilechter Gondolieres. Die himmelbemalte Decke so perfekt, das man sich der Illusion in Italien zu sein ganz hingeben kann.
Der Spielsucht könnte man schnell verfallen, die Aussicht auf schnellen Reichtum ( oder auch nur das Aufbessern der Reisekasse) zu verlockend. Vor allem inmitten Gleichgesinnter. Wir hören rechtzeig auf, nicht, dass wir früher als gewollt nach Hause kommen müssen!
«Sin City» verführt mit Alltäglichkeiten, die wir bis anhin eigentlich gar nicht vermisst haben. Mit einem richtigen Bett, einem eigenen Badezimmer und Türen dazwischen. Die Entscheidung das grosse Hotelzimmer zu verlassen, somit nicht leicht.
Drei Tage fesselt uns die süsse Sünde, verzaubern uns Lichter und das Rascheln der Slot Machines. Dann verblasst der Glanz ein wenig. Auf den zweiten Blick erscheinen die Casinos abgewohnt und verraucht. Selten ist in den Gesichtern der Spielenden das pure Glück zu sehen, viel eher lustlose Hinnahme. Wir zögern die Abreise dennoch soweit als möglich hinaus… eine letzte Dusche, ein letzter Kaffee von Starbucks, ein letzter Blick auf den künstlichen Dschungel im Hotel Mirage.
Jetzt aber auf, in unseren letzten Bundesstaat in den USA - CALIFORNIA!
Rene Mehmann
2014-12-19 10:06:28
Aloha Worlclass Travellers and photographs
Was für ein sensationeller Bericht mit wahnsinnigen Fotos. Herzlichen Dank für diesen Bericht der Sonderklasse. ich konnte nicht aufhören zu lessen und musste auch alle Fotos mehrmals ansehen. Gut, dass ihr zweimal zur Verlosung geschritten seid und uns die herrlichen Fotos von the waves zur Verfügung stellen könnt. Das ist wie Ostern & Weihnachten zusammen!
Geniesst die Reise in Mexiko nd bis bald. Herzliche Grüsse Rene Mehmann/Papi
Mehmann Vreni
2014-12-28 15:13:46
Vreni
endlich Zeit gehabt euren Bericht zu lesen .....einfach sensationell !!!!
Die Bilder sind gewaltig ihr habt auch ein spezielles Auge für die schönen Farben und Formen auch wenn sie gegeben sind sehen viele Menschen die wunderbaren Feinheiten nicht. Ich wünsche weiterhin eine so spannende Reise und viele schöne Momente. Machends guet ihr zwei...
2015-01-17 04:53:46
@ Papi, vielen Dank für deine so regelmässigen Kommentare und lieben Worte! Ich freue mich sehr, dass du auf unserer Reise dabei bist und dich mit uns freust! Bis bald
2015-01-17 04:55:44
@ Vreni: Danke vell mol, für dini Komplimänt, do freue mer eus! S Motiv esch aber au wörkli eifach eimalig gsi! Da het mer a jedem Egge chöne schöni Föteli mache.
Eine gute Zeit und bis bald)