Kanada - Québec
Alles anders - Über eine Brücke erreichen wir die Halbinsel Gaspé und somit die Provinz Québec. Ein erstes Mal müssen wir die Uhr um eine Stunde nach vorne stellen. Fragen wir uns anfangs noch, wo denn da die weiteren Unterschiede sind, werden sie bald mehr als augenfällig. Nach einigen Kilometern in der neuen Provinz fühlen wir uns wie in den Frankreich-Ferien!Langgezogene Dörfer deren Anfang oder Ende nicht auszumachen sind, breite Sandstrände, Parkplätze oberhalb davon an der Strasse. Herrlich warmes Wetter und Wagemutige, die sich bereits in die Fluten stürzen. Aber auch Kirchen im französischen Stil, Boulangerien und «Poulet et Frites» an jeder Ecke. Motel reiht sich an Campingplatz, an Gites, an Souveniershop. Ja, es ist touristisch hier! Es sind jedoch fast ausschliesslich kanadische Touristen die wir ausmachen. Walmart und die mittlerweile vertrauten Lebensmittelläden wie Sobeys oder Atlantic Superstore sind verschwunden, stattdessen hat Carrefour Einzug gehalten. Statt «drive thru» heisst es nun «service au volant». Lustig auch; Alkohol gab es bisher nur in staatlich lizensierten «Liquid stores». Nicht so in Quebéc- hier finden sich Bier, Wein und Co einfach im Supermarkt!
Québec ist mit 15% Taxen, die auf jeden Preis aufgeschlagen werden eine der teuersten Provinzen. Provincial Parks sind hier National Parks, welche nicht offiziell anerkannt sind. War bisher alles zweisprachig angeschrieben, so ist in Québec vieles nur in Französischer Sprache genannt.
Später sollen wir lesen, dass sich die anderen Provinzen über die «Extrawurst» Québec’s ärgern, so sehr, dass sich gewisse Provinzen im Westen gar von Kanada abspalten wollen.…
Forillon NP - Das supertouristische Percé lassen wir hinter uns und steuern stattdessen den Forillion NP an. Hier machen wir uns auf die Suche nach den «Sea wolfes». Wir entdecken sie, aber sie sind scheu und weit draussen im Meer.
Auf einer schönen Wanderung zum Cap Gaspé entdecken wir weitere Schönheiten: eine Küste aus Steinschichten, glasklares Meerwasser und einen fotogenen Leuchtturm.
Unbestrittenes Highlight ist aber eine Aussichtsplattform über dem Meer. Von hier sind die Klippen gut zu sehen, im Meer tummeln sich Wale und Seewölfe. Ein kleineres Tier sorgt aber für noch mehr Spektakel. Hunderte Basstölpel haben sich hier zur Fischjagd versammelt. Sie formieren sich immer wieder neu und stürzen sich aus grosser Höhe (bis 100 Meter) pfeilschnell ins Wasser, es spritzt nur so. Erst kurz vor dem Eintauchen schliessen sie ihre Flügel und können so meterweit (bis 25 Meter) unten nach den besten Fischen schnappen. Diese verspeisen sie noch unter Wasser und machen sich dann wieder auf in höhere Lagen. Wir sind fasziniert und schauen dem Treiben lange zu.
Auf dem Rückweg, als wir beinahe schon wieder beim Auto sind, dreht sich Andy um. Ein kleiner Schwarzbär tapst über die Strasse. Er sieht zu klein aus, um alleine unterwegs zu sein, doch seine Mama entdecken wir nirgends.
Nach einem Nudelsuppen - Stopp fahren wir weiter durch den Park und entdecken grosse überflutete Gebiete: Herr Biber war am Werk! Voller Neugier erkunden wir die Umgebung und vergessen sogar die lästigen Mücken. Zwei grosse Biberburgen sehen wir und nach etwas Beobachten sogar zwei Nager in Aktion. Eindrücklich wie diese kleinen Tiere ganze Landstriche umgestalten.
Land unter - Im Hauptort Gaspé legen wir einen Internet-Tag ein. Wir gratulieren guten Freunden per Skype zu ihrem schönsten Tag und wünschen uns zu ihnen. Draussen peitschen Wind und Regen an die Fensterscheiben und als wir den Wetterbericht für die nächsten Tage anschauen, staunen wir nicht schlecht. Hurricane Arthur ist im Anmarsch! Der erste Hurricane dieses Jahr und er kommt aussergewöhnlich weit in den Norden. Etliche Haushalte in den zuvor bereisten Provinzen Nova Scotia und New Brunswick sind bereits ohne Strom. Regen und Windwarnungen werden auch für die Gaspé Halbinsel ausgesprochen und das Wetter soll die nächsten fünf Tage schlecht bleiben. Hui!
Den geplanten Besuch im Gaspésie NP müssen wir somit leider streichen und beschliessen stattdessen mehr oder weniger direkt Richtung Montréal zu fahren. Obwohl es schon bald dunkel wird, wollen wir noch ein paar Kilometer fahren.
Wir nehmen eine Strasse im Inselinnern, doch auch hier windet und regnet es stark. Dutzende Bäume liegen auf der Strasse und immer wieder müssen wir anhalten, da die Strasse für Aufräumarbeiten gesperrt ist. Wir erreichen das Meer und trauen unseren Augen kaum: es schäumt und spritz, türmt sich meterweit auf. Die Wellen peitschen ans Ufer, den Strand unter sich begrabend. Aus den Bergen bringen die angeschwollenen Flüsse noch mehr Wasser, aber auch viel Holz.
Unsere Strasse verläuft sehr nah dem Meer entlang und anfangs denken wir uns «Augen zu und durch». Als die Wellen dann aber bis auf die Strasse schwappen, drehen wir um. Im Dunkeln suchen wir einen Übernachtungsplatz, wohl oder übel in diesem Kaff. Dessen strategische Lage ist momentan aber alles andere als ideal; es liegt an einer flachen Bucht, nur wenige Zentimeter fehlen noch bis das Wasser überläuft. Aus den Bergen strömt ein Fluss ins Dorf, auch er ist bereits an mehreren Stellen über die Ufer getreten. Wir möchten ungern mit nassen Füssen erwachen und flüchten auf die einzige Erhöhung des Dorfes. Relativ windgeschützt hören wir noch lange dem Donnern der Wellen zu, ehe wir Schlaf finden.
Auf in die grosse Stadt - Quebéc, Montréal, Ottawa und Toronto liegen alle auf einer Geraden und somit nahe beieinander. Trotzdem entscheiden wir uns nur Montréal zu besuchen. Städte sollen auf unserer Reise weniger Priorität haben, ausserdem wissen wir auch noch nicht ganz recht, wie wir das denn machen sollen mit dem Auto…
So fahren wir erstmal gemütlich den kleinen Fischer-Örtchen entlang, kaufen in einer Poissonerie teures Krabbenfleisch und verschlingen dieses mit gekauften Pommes.
Wir erreichen heiliges Land, die Ortschaften beginnen alle mit Saint und versuchen sich dann gegenseitig zu übertreffen: Saint-Jean-Chrysostome, Saint-Germain-de-Grantham, Saint-Jean-sur-Richelieu, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Dem St. Lorenz Kanal entlang haben wir grosse Containerschiffe im Blick, durchfahren die Vorstädte Québec’s und sehen die Stadt dann von Weitem. Bis Montréal sind es nun noch gut 240 Kilometer Highway welche wir schnell hinter uns bringen.
Noch haben wir keinen genauen Plan für Montréal. Dachten wir uns anfangs, dass wir einmal den «Walmart-Camping» (von Reisenden scherzhaft so genannt. Auf den Walmart-Parkplätzen werden Wohnmobile geduldet. Meist sind Wifi und Toiletten von einem 24-h Shop vorhanden und der Reisende findet somit alles, was er braucht. Gratis dazu.) ausprobieren könnten, sehen wir davon ab, da in der Innenstadt gar keiner vorhanden ist. Was nun?
Wir überlegen und denken uns, dass doch hier alle mit dem Auto herumfahren. Alles ist aufs Autofahren ausgerichtet. Also können doch auch wir in die Stadt hineinfahren. Gedacht, getan! Wir fahren mit Zora mitten durch die Stadt! Finden uns auf dem Parkplatz des Mont Royal, der höchsten Erhebung der Stadt, wieder und verbringen hier gar die Nacht. Nicht die ruhigste zwar, aber es ging.
In Montréal - Für 10 Dollar finden wir einen bewachten Parkplatz und erkunden dann die Stadt. Nach der vielen Natur geniessen wir die Vorzüge und den Kontrast einer Grossstadt.
Bei knapp 30 Grad schlendern wir durch schöne Quartiere, bewundern Street Art und machen gar einen Abstecher nach Asien. In Chinatown gehen wir in einen kleinen Lebensmittelladen und bestaunen das Angebot. Es gibt ALLES! Wie in China. Für Minuten sind wir ganz dort.
Grosse Teile der Stadt sind durch ein unterirdisches Tunnelsystem verbunden. Läden, Restaurants und Kunst sind darin zu finden. So müssen gewisse Montréaler im Winter gar nie nach draussen. Sie gehen von zu Hause los und erreichen ihr Büro im Trockenen.
Auch wir schauen uns das Gewirr an und kommen so in die Altstadt. Hübsche Kirchen und Restaurants lassen sich hier finden, aber auch der übliche Touristenkitsch. Bereits sind wir etwas müde von dem vielen Laufen und Sehen. Ein vietnamesisches Essen stärkt uns und wir beneiden all die «business people» gar nicht, die gleich wieder zur Arbeit müssen.
Wir schauen den Vorbereitungen für ein Zirkusfestival mitten in der Stadt zu, schlendern vorbei an kleinen Shops und Cafés. Das Leben pulsiert, hier finden sich alle Nationen, es wird wieder Englisch (und Französisch) gesprochen und wir entdecken richtig schöne Wohnquartiere. Ja, diese Stadt würde uns jetzt also auch noch gefallen!
Aber keine Angst, wir sind nicht geblieben;) Als nächstes Ziel locken eine neue Provinz und die grössten Seen der Welt. Doch leider soll uns da das Glück ein wenig verlassen… Deshalb auch keine Fotos von Montréal. Mehr dazu aber im nächsten Bericht.